NAKOS NEWSLETTER

September 2021


Liebe Leser*innen,

in drei Wochen ist Bundestagswahl. Im Vorfeld heben auch zivilgesellschaftliche Akteure ihre Forderungen hervor, werden die Wahlprogramme unter die Lupe genommen. Die Bundestagswahl ist eines der Themen in unserem September-Newsletter:

  • Long COVID Deutschland übergibt Petition
  • Betroffene gesucht: Angst vor Arztbesuchen
  • Pressemitteilung zum Aktionstag der pflegenden Angehörigen
  • Dossier „Zivilgesellschaft und Bundestagswahl 2021“ veröffentlicht

IN EIGENER SACHE

Marnie Bartel-BorrmannMarnie Bartel-Borrmann

Marnie Bartel-Borrmann ist das neue Gesicht der Jungen Selbsthilfe bei der NAKOS

Mein Name ist Marnie Bartel-Borrmann. Ich bin seit Juni als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsfeld Junge Selbsthilfe bei der NAKOS tätig.

Nach meinem Masterstudium zur Gesundheitswissenschaftlerin war ich im Programm-Management von Familienbildungsprogrammen und als Präventionsberaterin für Kitas und Schulen tätig. Mein Interesse für die Selbsthilfe wurde bereits vor vielen Jahren während eines Studienseminars geweckt. Dort ging es unter anderem um die Unabhängigkeit der Selbsthilfe und den Nutzen von Kooperationen mit Akteur*innen aus dem Gesundheitswesen.

Die NAKOS unterstützt seit zwölf Jahren speziell auch das Selbsthilfeengagement junger Menschen mit verschiedenen Maßnahmen wie dem Internetportal „Junge Selbsthilfe“, dem Blog LEBENSMUTIG und dem Bundestreffen „Junge Selbsthilfe“. Die NAKOS-Aktivitäten zur Jungen Selbsthilfe werden von der KNAPPSCHAFT und dem AOK-Bundesverband gefördert.

SELBSTHILFE UND CORONA

Banner Selbsthilfe und Corona

Long COVID Deutschland übergibt Petition an Bundesgesundheitsministerium

Erste medizinische Behandlungsleitlinie veröffentlicht

Die Betroffeneninitiative Long COVID Deutschland hat am 23. August 2021 ihre Petition mit mehr als 51.000 Unterschriften an das Bundesministerium für Gesundheit übergeben. Mit der Petition fordert die Initiative verschiedene Maßnahmen, um die Versorgung von Long-Covid- oder Post-Covid-Erkrankten zu verbessern, darunter eine zentrale Koordinierungsstelle für die Belange der Betroffenen, regionale Ambulanzen zur Akut- und Nachbetreuung und die öffentliche Anerkennung von Long Covid. Long COVID Deutschland ist im Vorjahr aus einer Facebook-Gruppe von Betroffenen entstanden.

Die Initiative hat nach eigenen Angaben auch an der ersten medizinischen Behandlungsleitlinie mitgewirkt. Die S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVID wurde von verschiedenen medizinischen Fachgesellschaften erarbeitet und im Juli veröffentlicht. Geplant ist eine ergänzende Leitlinie, die sich an Betroffene und Angehörige richtet.

Selbsthilfe kann die Kehrseite der Corona-Maßnahmen spiegeln

Münchner Selbsthilfejournal zu Gruppengründungen während des Lockdowns

Während des Lockdowns entstanden in München viele Selbsthilfegruppen, für die sich vorher keine gründungswilligen Personen gefunden hatten. Das schreibt Ina Plambeck vom Selbsthilfezentrum München in ihrem Artikel „Wie Selbstorganisation die Kehrseite der Corona-Maßnahmen spiegelt“ im Münchner Selbsthilfejournal „einblick“. Als Beispiele nennt sie neue Gruppen vor allem zu psychischen Erkrankungen, Süchten und Gewalterfahrungen.

„Selbsthilfe und Selbstorganisation entsteht vor allem da, wo das professionelle Versorgungssystem – gesundheitlich oder sozial – Lücken aufweist“, schreibt die Autorin. Manchmal auch „aufgrund ihrer alltagsweltlichen Spezifik, ihrer Komplexität, ihrer Seltenheit oder aufgrund ihres politischen Standorts“. Die aktuelle Ausgabe des München Selbsthilfejournals widmet sich in ihrem Schwerpunkt „Gruppengründungen während des Lockdowns“.

KONTAKTE / ADRESSEN

Angst vor Arztbesuchen | Latrophobie

Virtuelle Gruppe sucht bundesweit weitere Betroffene

Eine virtuelle Selbsthilfegruppe für Menschen mit Angst vor Arztbesuchen sucht bundesweit andere interessierte Betroffene. Die Betroffenen vermeiden Arztbesuche oder stehen diese nur unter größter Angst durch. Diese Angst, auch Latrophobie genannt, kann viele Facetten haben wie mangelndes Vertrauen in das ärztliche Handeln, Scham oder Furcht vor Krankheiten. Die neue virtuelle Gruppe wird unterstützt von der Essener Selbsthilfeberatungstelle WIESE e.V.

Depersonalisations-/Derealisationsstörung

Junger Betroffener sucht bundesweit nach Austausch

Ein 23-Jähriger mit Depersonalisations- und Derealisationsstörung sucht bundesweit andere Betroffene zwischen 18 und 30 Jahren zur Gründung einer Selbsthilfegruppe. Bei Menschen mit Depersonalisations- oder Derealisationsstörung ist das eigene Persönlichkeitsbewusstsein verloren oder beeinträchtigt oder die Umwelt wird als unwirklich und künstlich empfunden. Die Selbsthilfe-Kontaktstelle Bonn unterstützt die Gründung der Gruppe.

JUNGE SELBSTHILFE

Logo Schon mal an Selbsthilfegruppen gedacht?

Junge Selbsthilfegruppe des Monats September

Selbsthilfegruppe Chamäleon für Borderline

Jeden Monat stellt sich auf dem Portal www.schon-mal-an-selbsthilfegruppen-gedacht.de eine junge Gruppe vor. Im September präsentiert sich die Selbsthilfegruppe Chamäleon für Borderline in Frankfurt/Main. In der Selbsthilfegruppe beschäftigen sich die Betroffenen damit, wie man mit der Erkrankung „gut“ leben und gesundes Verhalten lernen kann. Gemeinsam werden Skillsanwendung eingeübt und sich gegenseitig neue Wege aufgezeigt. Ein besonderer Wert wird dabei auf einen offenen, wertschätzenden Austausch der Betroffenen im geschützten Raum gelegt. Die Gruppe trifft sich zunächst online.

Fachaustausch „U20 in der Selbsthilfe“ am 16. September 2021

Die bundesweite Arbeitsgruppe Selbsthilfe U20 (bAg SHU20) ist im eine Plattform zum Austausch von Mitarbeitenden in Selbsthilfekontaktstellen zum Thema Junge Selbsthilfe, insbesondere der Altersgruppe unter 20 Jahre. Die Arbeitsgruppe ist beim digitalen Fachtag der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. im Juni entstanden. Am 16. September 2021 finden nun ein „Follow-Up U20 in der Selbsthilfe“ statt. Mitarbeitende aus Selbsthilfekontaktstellen erörtern bei dem Online-Austausch den Aufbau von U20-Gruppen. Initiert wird der Austausch von der Selbsthilfekontaktstelle StadRandGmbH in Berlin-Mitte.

AUS DER ARBEIT DER DAG SHG

Logo der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen

Pressemitteilung: Bundesweiter Aktionstag für pflegende Angehörige am 8. September

Gemeinschaftliche Selbsthilfe essenziell für seelische Gesundheit

Jedes Jahr am 8. September stehen die pflegenden Angehörigen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, um sie für ihre Leistungen zu würdigen und die täglichen Herausforderungen in der häuslichen Pflege zu thematisieren. Die gemeinschaftliche Selbsthilfe entlastet pflegende Angehörige und hilft, die eigenen Bedürfnisse besser wahrzunehmen. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V., die die Selbsthilfe pflegender Angehörige seit dem Vorjahr in einem Projekt stärkt, veröffentlicht zum bundesweiten Aktionstag eine Pressemitteilung.

Aktionswoche Seelische Gesundheit: Vortrag zur gemeinschaftlichen Selbsthilfe für pflegende Angehörige am 12. Oktober 2021

Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. bietet am 12. Oktober 2021 einen digitalen Vortrag „Gemeinschaftliche Selbsthilfe für pflegende Angehörige zur Unterstützung der seelischen Gesundheit“ mit Diskussion an. Der Vortrag findet im Rahmen der Woche der Seelischen Gesundheit statt. Die Aktionswoche dauert in diesem Jahr vom 8. bis 18. Oktober und hat das Motto „Gemeinsam über den Berg – Seelische Gesundheit in der Familie“.

AUS POLITIK UND GESELLSCHAFT

BBE veröffentlicht Dossier „Zivilgesellschaft und Bundestagswahl 2021“

DAG SHG mit Positionspapier zur gemeinschaftlichen Selbsthilfe

Das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) dokumentiert in dem Dossier „Zivilgesellschaft und Bundestagswahl 2021“ engagement- und demokratiepolitische Positionierungen und Forderungen zur Bundestagswahl 2021 aus der Zivilgesellschaft. Das Dossier enthält auch Forderungen zur gemeinschaftlichen Selbsthilfe. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. hatte im Juni das „Positionspapier für die nächste Legislaturperiode 2021 bis 2025“ erarbeitet. Unter anderem fordert sie endlich eine Grundförderung zur Bereitstellung einer angemessenen Unterstützungskapazität für die maßgeblichen Patientenorganisationen auf Bundesebene.

Bundestagswahl: Welche Rolle spielen behindertenpolitische Themen?

Journalist*innen und Aktivist*innen überprüfen Wahlprogramme

Welche Rolle spielen behindertenpolitische Themen bei den Parteien? Im Vorfeld der Bundestagswahl haben einzelne betroffene Journalist*innen und Aktivist*innen die Positionen der Parteien hierzu unter die Lupe genommen. Im Podcast des Online-Magazins „Neue Norm“ sprechen die Gäste darüber, was in den Wahlprogrammen zu den Themen Inklusion und Behindertenpolitik steht. Der Blogger Martin Schienbein widmet sich in einem Beitrag speziell dem Thema Barrierefreiheit in den Wahlprogrammen. Der „Rollstuhl Kurier“ hat hingegen den fachpolitischen Sprecher*innen der Parteien direkt Fragen gestellt. Es wurden jeweils nur die Parteien untersucht, die in der aktuellen Legislaturperiode im Bundestag vertreten sind.

„Digitale Woche“ des Engagements vom 10. bis 19. September 2021

Im September findet jedes Jahr die Woche des bürgerschaftlichen Engagements statt. Vom 10. bis 19. September 2021 wird zum zweiten Mal auch eine „Digitale Woche“ durchgeführt, bei der Vereine, Initiativen und Verbände ihre Arbeit präsentieren. Im Rahmen der Aktionswoche werden auch verschiedene Workshops und Seminare angeboten.

Selbsthilfe im Geschlechtervergleich – eine Befragung

KISS Schwerin veröffentlicht Ergebnisse einer studentischen Studie

Eine Befragung aus Mecklenburg-Vorpommern hat den Geschlechtervergleich in der Selbsthilfe in den Blick genommen. Die Studentin Lina Marieke Hannemann hat Selbsthilfegruppenmitglieder in Mecklenburg-Vorpommern befragt, 47 haben geantwortet und KISS Schwerin hat einzelne Ergebnisse in ihrem Selbsthilfejournal abgedruckt. Ein Ergebnis: Frauen entscheiden sich nach einer Diagnose oder ähnlichem schneller, an einer Selbsthifegruppe teilzunehmen, es dauerte im Schnitt 2,5 Jahre, bei Männern 3,2 Jahre.

Die befragten Männer gaben an, seit 10,1 Jahren ihrer Gruppe anzugehören, die Frauen 6,9 Jahre. Die Autorin folgert: Entscheidet sich ein Mann schließlich für eine Gruppe, ist er sich dieser Entscheidung sehr sicher. Gefragt wurde auch, wie schwer es war, „sich vor der Gruppe zu offenbaren“. Das Ergebnis verblüffte: Insgesamt 47 Prozent der Frauen fiel es eher schwer bis sehr schwer. Von den Männern gaben lediglich 17 Prozent an, dass es ihnen eher schwer bis sehr schwer gefallen war.

ZU GUTER LETZT

Hörtipp

Podcast von ArbeiterKind.de

ArbeiterKind.de ist eine gemeinnützige Organisation für alle, die als Erste in ihrer Familie studieren. Seit dem Vorjahr gibt es einen Podcast mit Aufstiegsgeschichten von Arbeiterkindern, in dem aber auch über Hürden und Barrieren gesprochen wird. Inzwischen sind fünf Podcast-Folgen erschienen.

Lesetipp

Stuttgarter Selbsthilfemagazin zu Angehörigengruppen

Multiplikator*innen der Selbsthilfe werden nicht müde zu betonen, dass Selbsthilfegruppen auch für Angehörige hilfreich sein können, die nicht selbst von einer Krankheit oder Sucht betroffen sind. Dennoch spüren sie als Familienmitglied oder Freund*innen die Auswirkungen. KISS Stuttgart hat die Angehörigengruppen zum Schwerpunkt in ihrem Selbsthilfemagazin „Wir“ gemacht. Angehörige haben oft ihre eigenen Fragen: „Wie gehen wir um mit der Angst, dem innerem Schmerz, den Schuldgefühlen?“ Oder: „Was tun, wenn wir es manchmal einfach nicht mehr aushalten, wenn es uns zu viel wird?“

Nationale Kontakt- und Informationsstelle
zur Anregung und Unterstützung von
Selbsthilfegruppen

Otto-Suhr-Allee 115
10585 Berlin

Telefon: 030 / 31 01 89 60
Fax: 030 / 31 01 89 70

E-Mail: selbsthilfe@nakos.de

Das Wissensportal zur Selbsthilfe:
www.nakos.de