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Klimawandel und Selbsthilfe

Symbolbild: Erde, Hitze, Selbsthilfe
Die Selbsthilfe und unsere Gesundheit sind auf vielfältige Art vom Klimawandel betroffen. - Grafik: NAKOS

Welche Rolle spielen klimatische Veränderungen für die gemeinschaftliche Selbsthilfe?

Die Klimakrise ist inzwischen mitten in unserem Alltag angekommen und hat auch auf unsere Gesundheit großen Einfluss. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet sie sogar als „größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit“. In Deutschland liegt der Fokus insbesondere auf der Hitze: Bereits heute ist die Zunahme von Hitzeperioden und tropischen Nächten deutlich zu spüren, und es wird erwartet, dass der Trend sich in den kommenden Jahrzehnten fortsetzt.

Hitze und weitere Bedrohungen für die Gesundheit
Die gesundheitlichen Folgen der Hitze werden jedoch häufig unterschätzt, obwohl sie lebensbedrohend sein können. Auf Überhitzung und mangelnde Flüssigkeitszufuhr kann der Körper mit Kreislaufbeschwerden wie Hitzekollaps bis hin zur lebensbedrohlichen Hitzeerschöpfung sowie einem Hitzschlag reagieren. Im Jahr 2022 führten beispielsweise laut Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) mehrere Hitzewellen zwischen Mai bis Oktober zu rund 4.500 Todesfällen in Deutschland.

Neben der Hitze spielen allerdings auch weitere gesundheitliche Auswirkungen der Klimakrise eine Rolle: Eine erhöhte UV-Strahlung kann zu Sonnenbrand, Hautkrebs und Augenschäden führen, und nicht heimische Pflanzenarten wie Ambrosia rufen neue Allergien hervor. Außerdem verlängert sich die Pollensaison, und das Auftreten von Infektionskrankheiten wie zum Beispiel dem West-Nil-Virus wird begünstigt.

Relevanz für die Selbsthilfe
Auf dieser Internetseite fragen wir, inwiefern die gemeinschaftliche Selbsthilfe von der Klimakrise betroffen ist und wie sie bereits jetzt darauf reagiert. Welche Schutzmaßnahmen können insbesondere bei Hitze ergriffen werden und was kann die Selbsthilfe zum Klimaschutz beitragen? Ergänzend stellen wir Möglichkeiten vor, um sich Maßnahmen zur Anpassung an die Klimaveränderungen fördern zu lassen.

Projekte und Empfehlungen zur Klimakrise aus der Selbsthilfearbeit

Besonders von den gesundheitlichen Folgen der Klimakrise betroffen sind unter anderem ältere Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderung. Da gerade diese Zielgruppen häufig auch in der Selbsthilfe aktiv sind, wird die Klimakrise für Aktive in der Selbsthilfe  zu einem immer wichtigeren Thema.

Die Auswirkungen können hier sehr vielfältig sein: Zahlreiche chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen oder Neurodermitis können sich bei Hitze verschlechtern. Studien deuten darauf hin, dass sich auch psychische Erkrankungen während Hitzeperioden verschlimmern können. Auch praktische Herausforderungen wie eine Prothese, die wegen vermehrter Schweißproduktion nicht richtig sitzt, oder der Blindenhund, der bei Hitze besondere Aufmerksamkeit erfordert, können im Alltag belastend sein.

Inzwischen setzen sich verschiedene Organisationen wie der Paritätische Gesamtverband oder die BAG SELBSTHILFE in eigenen Projekten mit den Folgen der Klimakrise auseinander, es finden Veranstaltungen zum Thema statt und Ratgeber für den Umgang mit bestimmten Erkrankungen werden herausgegeben.

Fachbeitrag von Dorothea Baltruks im NAKOS INFO 127

Im NAKOS INFO 127 setzt sich Dorothea Baltruks vom Centre for Planetary Health Policy
(CPHP) ausführlich mit der Frage auseinander, inwiefern die Klimakrise die Selbsthilfe schon jetzt berührt. Anhand von Beispielen zeigt sie, wie vulnerable Gruppen von den Klimaveränderungen betroffen sind. Sie stellt Ideen vor, was Selbsthilfeorganisationen zum Schutz ihrer Mitglieder tun können.

„Auch in der Selbsthilfe ist die Klimakrise längst ein Thema“
Dorothea Baltruks | NAKOS INFO 127

Vorhersagen für wetterempfindliche Menschen auf menschenswetter.de

Auf der Internetseite menschenswetter.de gibt es eine Drei-Tages-Vorhersage, wie sich das aktuelle Wetter auf 17 verschiedene chronische Krankheiten auswirken kann. Berücksichtigt sind dabei Erkrankungen von Angina Pectoris über Konzentrationsschwankungen und Rheuma bis zu depressiver Verstimmung.

Weitere Informationen über die Webseite und den Einfluss des Wetters auf unser Wohlbefinden beschreibt Holger Westermann von der Deutschen Fibromyalgie Vereinigung (DFV) im folgenden Fachbeitrag.

„Einfluss der Klimaveränderungen auf Menschen mit chronischen Erkrankungen“
Holger Westermann | NAKOS INFO 127

Arbeitshilfe der BAG SELBSTHILFE

In der Arbeitshilfe „Hitze: Folgen, Prävention und Schutz“ stellt die BAG SELBSTHILFE e.V. sehr detailliert dar, welche Risiken für bestimmte Gruppen bei Hitze bestehen. Das umfasst unter anderem Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Adipositas, chronischen Atemwegskrankheiten oder Nierenerkrankungen.

Zusätzlich enthält die Arbeitshilfe Empfehlungen zum Hitzeschutz und zur Prävention, Informationen über die Auswirkungen von Hitze auf die Gesundheit und Empfehlungen zum Verhalten im Notfall. Mit der Arbeitshilfe möchte die BAG SELBSTHILFE E.V. dazu ermutigen, die Themen rund um Hitze in die Selbsthilfearbeit zu tragen, damit in Zukunft weitere Informationen für individuelle Bedürfnisse entstehen.

Arbeitshilfe „Hitze: Folgen, Prävention und Schutz“
BAG SELBSTHILFE e.V.

Hitze-Empfehlungen von Selbsthilfeorganisationen

Einige Selbsthilfeorganisationen haben bereits Empfehlungen zu einzelnen Erkrankungen im Zusammenhang mit der Klimakrise herausgegeben, zum Beispiel die Deutsche Rheumaliga und die MigräneLiga Deutschland:
Deutsche Rheuma-Liga
MigräneLiga Deutschland

Klimaschutz in der Selbsthilfepraxis

Mit Klimaschutz tragen wir auch zu einem Schutz unserer Gesundheit bei. Zwar ist klar, dass die Selbsthilfe nicht zu den großen Verursachern der Klimakrise gehört und eher kleine Stellschrauben hat, um den Folgen entgegenzuwirken. Doch auch hier können Impulse gesetzt werden, um zum Klimaschutz beizutragen und ein gesellschaftliches Umdenken zu fördern.

In den letzten Jahren haben sich in der Selbsthilfe und der Sozialen Arbeit einige vielversprechende Projekte und Initiativen zum Klimaschutz entwickelt, die wir hier vorstellen. Außerdem geben wir Tipps, wie Klimaschutz in der Selbsthilfearbeit umgesetzt werden kann.

Projekt des Paritätischen Gesamtverbandes

Der Paritätische Gesamtverband setzt sich für eine sozial-ökologische Klimapolitik ein und fördert nachhaltiges Verhalten. Im Projekt „Klimaschutz in der Sozialen Arbeit stärken“ werden 67 Mitgliedsorganisationen drei Jahre lang begleitet. In der Zeit werden sie dabei unterstützt, ihren CO2-Fußabdruck zu messen, eine*n Klimabeauftragte*n zu schulen und Maßnahmen zum Klimaschutz umzusetzen.

Außerdem werden im Rahmen des Projekts Arbeitshilfen und Materialien für die Öffentlichkeitsarbeit wie Postkarten und Poster entwickelt. 

Ergebnisse, Praxisbeispiel und Materialien: Projekt „Klimaschutz in der sozialen Arbeit stärken“

Broschüre der BAG SELBSTHILFE

Im Rahmen des Projekts „Klimawandel und Selbsthilfearbeit“ der Dachorganisation BAG SELBSTHILFE werden zahlreiche Arbeitsmaterialien erstellt und Workshops durchgeführt. Ziel ist es, Selbsthilfeorganisationen bei einer klimafreundlichen Verbandsarbeit zu unterstützen und zu einer gesunden Lebensweise beizutragen.

Die Broschüre „Strategien zur klimafreundlichen Verbandsarbeit“ enthält zahlreiche Tipps, wie man vom Wissen zum Handeln kommt, wie man andere Menschen zu klimafreundlicherem Verhalten motiviert und wie Schutzmaßnahmen auf politischer Ebene eingefordert werden können.

Broschüre „Strategien zur klimafreundlichen Verbandsarbeit“

Kochbuch vom Paritätischen Gesamtverband und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG)

Wer sich klimafreundlich ernährt, tut gleichzeitig etwas für die eigene Gesundheit. Der Paritätische Gesamtverband hat gemeinsam mit der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) Informationen in einem Kochbuch für klimafreundliche Ernährung zusammengetragen. Enthalten sind zahlreiche Tipps und Rezepte – insbesondere für die Gemeinschaftsverpflegung.

Kochbuch „Klimagesund kochen und genießen“

11 praktische Tipps von GoodJobs

Wer nach allgemeinen Inspirationen für mehr Klimaschutz im Büro sucht, wird zum Beispiel bei GoodJobs fündig. Vom Kauf von IT-Produkten über Dienstreisen und Suchmaschinen bis zu grünem Webhosting werden hier diverse Tipps zusammengestellt.

„11 Tipps für mehr Klimaschutz im Unternehmen“ von GoodJobs

Fördermöglichkeiten für Klimaanpassung

Maßnahmen zur Klimaanpassung sollen dazu beitragen, uns, unsere Umwelt und Infrastruktur vor den Folgen der Klimaveränderungen zu schützen, und zu mehr Widerstandsfähigkeit führen. Zum Beispiel können Fassaden, Dächer oder Höfe begrünt werden, um im Sommer für ein besseres Mikroklima zu sorgen. Und durch entsiegelte Flächen kann Regenwasser besser abfließen.

Unterstützung vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)

Zahlreiche Maßnahmen werden auch für soziale und gemeinnützige Einrichtungen durch Förderprogramme unterstützt. Ein Beispiel dafür ist die Förderrichtlinie „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen (AnpaSo)“. Damit unterstützt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) soziale Einrichtungen dabei, sich auf die Folgen der Klimakrise vorzubereiten.

Informationen zur Förderrichtlinie AnpaSo

Sammlung vom Zentrum KlimaAnpassung

Weitere Förderprogramme – sowohl bundesweit als auch auf Landesebene – stellt das Zentrum KlimaAnpassung auf seiner Internetseite vor. Es unterstützt im Auftrag des BMUV Kommunen, andere kommunale Akteur*innen und Träger*innen sozialer Einrichtungen bei Anpassungen an die Folgen des Klimawandels.

Förderprogramme

Hitzeschutz und Musterpläne

Frankreich gilt als Vorreiter in Sachen Hitzeschutz. Schließlich fielen einer heftigen Hitzewelle im Jahr 2003 allein in den ersten drei Augustwochen rund 15.000 Menschen zum Opfer. In den folgenden Jahren hat Frankreich viel aus den Erfahrungen gelernt und Hitzeschutzpläne erstellt, damit sich das nicht wiederholt.

Auch in Deutschland ist inzwischen viel in Bewegung und Kommunen und verschiedene Einrichtungen haben Hitzeschutzpläne erarbeitet. Seit Juli 2023 gibt es auch einen bundesweiten Hitzeschutzplan.

Sommer 2023: Erster konkreter Plan des Bundesgesundheitsministerium (BMG)

Im Juli 2023 hat Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach einen ersten konkreten Hitzeschutzplan für den Sommer vorgelegt. Das Ziel ist es, die Zahl der Sterbefälle auf unter 4.000 zu halbieren. Erreicht werden soll es unter anderem durch eine verbesserte Kommunikation und Sensibilisierung der Bevölkerung. Außerdem sollen gezielte Schutzmaßnahmen ausgelöst und wissenschaftliche Evidenz verbessert werden.

Informationen zum bundesweiten Hitzeschutzplan

Besucher*innen und Mitarbeitende schützen

Gerade in Selbsthilfeorganisationen gehen Menschen ein und aus, die zu den besonders vulnerablen Gruppen gehören. Um sowohl die Besucher*innen als auch Mitarbeitende zu schützen, gibt es zahlreiche Maßnahmen, an denen man sich orientieren kann. Beispielsweise ein gutes Raumklima und bauliche Maßnahmen. Wichtig ist auch, Anzeichen für eine Hitzeerkrankung zu erkennen und zu wissen, was in einem solchen Fall zu tun ist. Viele Informationen dazu hat das BZgA zusammengestellt.

Tipps für soziale Hilfseinrichtungen

Empfehlungen vom Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin

Das Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin hat Musterhitzeschutzpläne für verschiedene Einrichtungsarten erstellt. Zwar sind für Selbsthilfeorganisationen (noch) keine Pläne dabei, doch sie können bei Bedarf als Inspirationsquelle dienen.

Weitere Informationen und Musterhitzeschutzpläne

Quellen, Links & Literatur

Dokumentation der AOK-Selbsthilfetagung 2022 „Planetary Health – braucht die Erde Selbst-Hilfe?“ – inklusive Video-Mittschnitt:
AOK-Dokumentation

Informationsseite „Klima und Gesundheit: Hitzeschutz in sozialen Einrichtungen und Diensten stärken“ des Paritätischen Gesamtverbandes:
Zur Infoseite

„Der Hitzeknigge“ – Empfehlungen zum Hitzeschutz vom Umweltbundesamt:
Broschüre zum Herunterladen und bestellen

ZDF-Film „Leschs Kosmos: Gesundheitsrisiko Klimakrise - wie heiß ist zu heiß?“ (28 Minuten):
In der ZDF-Mediathek anschauen

Informationen vom Robert Koch Institut – inklusiver umfassender Sachstandsberichte:
Rubrik „Klimawandel und Gesundheit“

Informationen vom Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) – auch in leichter Sprache:
Klimawandel und Gesundheit – Wenn Hitze zum Risiko wird

NACHFRAGEN

Video-Tipp

Wie beeinflussen Klimawandel und Hitze unsere Gesundheit? Im Video erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) die Zusammenhänge.

INFORMIEREN

Faltblatt „Mit Hitze keine Witze“

Wie schützen wir uns und andere vor Hitze und was ist im Notfall zu tun? Im Faltblatt von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) werden die wichtigsten Tipps zusammengefasst.

SERVICE

Sharepics, Broschüren, Erklärvideos

Bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) findet man zahlreiche Materialien zum Thema Hitze und Gesundheit.